Das neue Filmjahr 2024

Liebe Blogleser/innen von filmfragmente,

im letzten Jahr 2023 erschien hier leider kein Beitrag mehr. Das Leben hat zu viel Energie und vor allem beständig an Zeit verlangt. Schade! Doch in der Gegenwart – im neuen Jahr 2024 – werden fortan wieder Filmanalysen und Beiträge zu vielen Filmbegriffen veröffentlicht. Hierbei soll der Spaß am Bloggen bzw. Schreiben im Vordergrund stehen. Ich möchte regelmäßig die Kinobesuche fortsetzen und zurück in den Schreibmodus gelangen. Und Ersteindrücke direkt nach dem Kinowatch erachte ich als bereichernde Ergänzung. Die ersten Gefühle und rekursive Analysen systematisch zu verbinden, um daraus neue Resultate und Erkentnisse über Filme zu generieren, kann für alle sehr motivierend sein.

Vielleicht entstehen zusätzlich anregende Diskussionen daraus und ein maximaler Austausch über das Kino. Filme als Diskussionsangebote zu verstehen und viel mehr noch diese auch gebührend zu analysieren, lohnt sich um die kommunikativen Fähigkeiten zu steigern und um dabei viel neuen Spaß zu haben.

Über eine große Beteiligung freue ich mich daher sehr! Vielen Dank auch für das Besuchen der Website im vergangenen Jahr trotz mangelnder Inhalte. Jetzt geht es weiter.

Viele Grüße

filmfragmente

Film „Hänsel und Gretel“ (1987): Ein Märchen im Wandel der Zeit – Medienvergleich

Cannon Movie Tales: Hänsel und Gretel (1987)

Die erste Verfilmung des Volksmärchens Hänsel und Grethel war bereits im 19. Jahrhundert auf Leinwand zu betrachten. Im Jahr 1897 erschien der Stummfilm von Oskar Messter – 40 Jahre lediglich nach der „Ausgabe letzter Hand“ der Brüder Grimm von 1857. Wiederum 90 Jahre nach der ersten filmischen Ausgestaltung des literarischen Märchenklassikers veröffentlichen die erfolgreichen Filmproduzenten Yoram Globus und Menaham Golan auch eine Umsetzung für das Kino. Hänsel und Gretel (1987) ist dabei Bestandteil der amerikanischen Märchenfilmreihe Cannon Movie Tales (1986-1989) bestehend aus neun Filmen, die auf den Märchen der Brüder Grimm basieren.

Hänsel und Gretel (KHM 15) ist Teil der Märchensammlung Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm – im Jahr 1812 erstmals erschienen. Weitere Überarbeitungen des Bandes gab es 1819, 1837, 1840, 1843, 1850 und 1857. In den Ausgaben ab 1840 wurde beispielsweise aus der „Mutter“ die „Stiefmutter“. Die verlinkte Website bietet Zugriff auf alle sieben Fassungen und zusätzlich einen automatisierten Vergleich zweier Fassungen an. Somit können alle textlichen Veränderungen sehr gezielt eingesehen werden.

https://khm.li/Haensel-und-Grethel/Fassungen

Vergleich der Fassungen von 1812 und 1819
1812
1857

Diese Textauszüge zeigen die Veränderungen deutlich auf. Doch inwieweit bedienen sich Hänsel und Gretel-Verfilmungen an inhaltlichen Einzelelementen aller Fassungen? Fügen die Filme neue Darstellungen hinzu? Dabei fällt die Erzählzeit (Definition: Zeit, die Leser/innen brauchen, um einen Text zu lesen oder Film anzusehen) recht kurz aus. Das Lesen das Märchens dauert hierbei kaum mehr als 10 Minuten. Die Verfilmung (1987, Regie: Len Talan) hat hingegen eine Gesamtspieldauer von 86 Minuten (Blu-ray). Aus all diesen ersten Beobachtungen können Thesen aufgestellt werden:

These 1

Die Verfilmung Hänsel und Gretel (1987) verwendet alle 7 Fassungen von Hänsel und Gretel aus Grimms Kinder- und Hausmärchen, um bei der filmischen Inszenierung nicht limitiert zu sein.

These 2

Die Verfilmung Hänsel und Gretel (1987) bedient sich aus weiteren literarischen Neubearbeitungen dieses Märchens (Beispiel: Ludwig Bechstein)

These 3

Die Verfilmung Hänsel und Gretel (1987) fügt neue Handlungstränge und Narrative ein, um Kinofilmlänge zu erreichen.

Die hier aufgestellten Thesen können zweifelsfrei auf alle Verfilmungen zu Hänsel und Gretel angewendet und analytisch erprobt werden. Exemplarisch soll es im Folgenden an der Cannon Movie Tales Version abgehandelt werden. Am 13.11.2020 erschien der Film erstmals auf Blu-ray in der Mediabook-Version – das Cover greift hierbei das Design des Original-Kinoplakats von 1987 auf.

Die Eröffnungssequenz der Verfilmung zeigt bereits eindringlich die Hungersnot der Familie. Doch der Weg führt hier nicht direkt in den Wald. Das Aussetzen der Kinder im Wald bleibt im Film zunächst aus. Die Frau des Holzfällers ist Mutter der Kinder – keine Stiefmutter. Der Film greift hier demnach auf die Fassungen von 1812, 1819 bzw. 1837 zurück bei der die Frau noch als „Mutter“ betitelt wird. Vater und Kinder gelangen im ersten Akt des Films zum Marktplatz bevor es wieder zur eigenen Behausung geht. Auf dem Markt wird ausgiebig getanzt und die Kinder vertreiben sich die Zeit. So werden neue Handlungsstränge eingefügt, indem auf der auditiven Ebene zahlreiche Gesangs- und Tanzeinlagen (00:13:11 / 00:31:17 / 00:34:01) eingefügt werden und Erzählzeit generieren. Geld kann der Vater aber nicht vom Markt mitbringen. Erst ein freundlicher Nachbar der Familie sorgt für Euphorie, da er Lebensmittel spendet (00:19:21). Die Mutter bereitet einen Kuchen zu. Die Kinder sollen darauf aufpassen während sie Beeren im Wald pflücken will. Doch die Kinder passen nicht auf und tanzen wieder (00:22:19). Das Stallvieh macht sich derweil über den Kuchen her. Die heimgekehrte Mutter schickt die Kinder zur Strafe zum Beerensuchen in den Wald.

Die Erzählung ist demnach etwas weniger grausam als in der literarischen Vorlage. Die Notlage der Familie ist nicht zuletzt durch die energisch auftretende Mutter spürbar. Die Figurenentwicklung ist jedoch anders gestaltet, wenn sie in der Verfilmung treusorgend und reumütig die erschwerende Suche mit dem Vater im Wald unternimmt. Der zentrale Konflikt ist im Film auch die Notlage, doch entsteht der Konflikt hier noch viel mehr durch erzieherisches Fehlverhalten und Nichteinhalten von Absprachen.

Auf der visuellen Ebene werden den Zuschauer/innen durchweg zunächst leicht verdauliche Bilder gezeigt. Die Licht- und Farbdramaturgie erinnern hierbei an einen Sommerkinofilm – keinesfalls aber an dunkle tiefe Wälder wie bei der literarischen Vorlage. Diese Lichtgebung setzt sich im Wald beim Hexenhaus fort, doch können hier zumindest Kostüme und Make-Up der bösen Hexe ein schauriges Gefühl erzeugen. Das Szenenbild trägt zu dieser etwas gruseligen Stimmung bei.

Immerhin kann die Verfilmung sich in einigen Szenen zumindestens sprachlich der Vorlage annähern, wenn es heißt: Du könntest uns genauso gut gleich unsere Särge zimmern! (00:04:25). In den Fassungen von 1843 (5), 1850 (6), 1857 (7) heißt es:

»O du Narr,« sagte sie, »dann müssen wir alle viere Hungers sterben, du kannst nur die Bretter für die Särge hobelen,« und ließ ihm keine Ruhe bis er einwilligte.

Abbildung 1 Filmszene aus Hänsel und Gretel (1987) – Im Hexenhaus (00:49:04)

Im Hexenhaus und bei der Darstellung der Hexe greift der Film dann ebenfalls Motive der Fassungen von 1843, 1850 und 1857 auf, wenn es um die Sehbeeinträchtigung der Hexe geht und ebendiese Störung ihr maßgebend zum Verhängnis wird und das Ende anrichtet:

Hänsel streckte ihr aber ein Knöchlein heraus, und die Alte, die trübe Augen hatte, konnte es nicht sehen, und meinte es wären Hänsels Finger, und verwunderte sich daß er gar nicht fett werden wollte. 1843 (5), 1850 (6), 1857 (7)

In der ersten Fassung von 1812 ist bereits zu lesen: […] guck hinein, ob das Brod schon hübsch braun und gar ist, meine Augen sind schwach, ich kann nicht so weit sehen. Im Film wird die Hexe wiederholt sogar mit entsprecher Sehhilfe gezeigt (00:46:53).

Auch die Witterung von Menschenfleich und das Verlangen danach thematisiert der Film direkt nach Ankunft von Hänsel und Gretel im bunten Hexenhaus in der Szene bei denen beide erstmals am Tisch essen (siehe Abbildung 1). Auch Gretels nächtliche Beobachtunen (00:55:38) stellen diesen Faktor heraus und die Verfilmung bedient sich dabei aus den letzten beiden Fassungen der KHM:

Die Hexen haben rothe Augen und können nicht weit sehen, aber sie haben eine feine Witterung, wie die Thiere, und merkens wenn Menschen heran kommen. 1850 (6), 1857 (7)

Abbildung 2 Filmszene aus Hänsel und Gretel (1987) – Happy End (01:23:28)

Im Gegensatz zu allen Fassungen der KHM wird den Zuschauer/innen im Film (Abbildung 2) ein Happy End mit glücklicher Familienzusammenkunft präsentiert. Hierbei könnte es naheliegen, dass die Filmemacher/innen auf Ludwig Bechsteins Version aus dem Jahr 1845 zurückgegriffen haben. So kann auch These 2 durchaus belegt werden.

Der alte Holzhauer und seine Frau saßen traurig und still in dem engen Stüblein und hatten großen Kummer um die Kinder, bereuten auch viele Tausendmal, daß sie dieselben fortgelassen, und seufzten: „Ach, wenn doch der Hänsel und die Grethel nur noch ein allereinzigesmal wieder kämen, ach, da wollten wir sie nimmermehr wieder allein im Walde lassen“ – da ging gerade die Thüre auf, ohne daß erst angeklopft worden wäre, und Hänsel und Grethel traten leibhaftig herein! Das war eine Freude! Und als nun vollends erst die kostbaren Perlen und Edelsteine zum Vorschein kamen, welche die Kinder mitbrachten, da war Freude in allen Ecken und alle Not und Sorge hatte fortan ein Ende. Ludwig Bechstein Deutsches Märchenbuch (1845)

Schlussbetrachtungen

Die Thesen 1-3 konnten belegt werden, auch wenn hier nur kurze Beobachtungen dazu eingebracht wurden. Der Film bietet viel mehr exemplarische Szenen für weitere Analysen. Inwieweit sich Märchenverfilmungen im Vergleich zu den literarischen Texten mehr in das kollektive Gedächtnis eines Publikums festgesetzt haben, bliebe zu diskutieren.

Filmplakat/Screenshots © Capelight Pictures

Filmstadt Berlin – Teufelsberg

Fotos von filmfragmente

09.06.2022

Film „Die Rettung der uns bekannten Welt“ (2021)

In seinem neuesten Film bearbeitet Til Schweiger – wie zuvor bei Honig im Kopf (2014) – erneut das Thema Krankheit und wie sich Familien damit auseinandersetzen. Diesmal geht es um eine bipolare Störung bei Schweigers 18-jährigem Filmsohn Paul (Emilio Sakraya). Nach einem Suizidversuch weist der Vater ihn in ein Therapiezentrum ein. Hierbei wirft der Film weitere Blicke auf junge Menschen, die wie Paul an psychischen Verhaltensproblemen leiden. Wie bei Honig im Kopf wirkte Til Schweiger am Drehbuch mit und führte selbst auch Regie. Inwiefern Schweiger das Thema Bipolare Störung – wie zuvor im Jahr 2014 das Thema Demenz – auf ein Minimum herunterbricht, bleibt zu analysieren.

2021 und die neue Schweiger-Welt

Die bisherigen Schweiger-Filme der eigenen Produktionsfirma Barefoot Films haben eine beständige wertekonservative Welt kreiert. Die zumeist homophoben Filme haben Familien aus der gehobenen Mittelschicht aufgezeigt, die in einer Filterblase leben. Schweiger konstruierte in dieser Welt seine Männlichkeit und sexuelle Dauerpotenz. Themen wie Diversität wurden nicht berücksichtigt. Die Bilder waren handwerklich sehr hochwertig. Hochglanz und der Sepia-Filter erzeugten visuelle Spannung im Stile von James Bond-Filmen. Diese wohlfühlige Welt hat sehr oft ein Millionenpublikum in die Kinos gezogen. In den letzten Jahren gab es bekanntlich jedoch viele gesellschaftliche Veränderungen. Diese alte Schweiger-Welt – wie 2020 noch in Die Hochzeit zu erleben – kann im Jahr 2021 eigentlich an der Kinokasse nicht mehr funktionieren. Dazu führen auch neue Diversitätsregeln zu einem Umdenken beim Drehbuchschreiben. Wie sieht demnach die neue Schweiger-Welt aus? Was konnte Schweiger aus seiner alten bekannten Welt retten?

Mehr Diversität – Weniger Publikum

Um es gleich direkt vorwegzunehmen: Der Film hat an den Kinokassen nicht funktioniert und kann leider kein befriedigendes Ergebnis abliefern. So haben diesen Film gerade mal 73.867 Zuschauer/innen im Kino gesehen. Im Kontext der bisherigen Schweiger-Filme damit eine große Enttäuschung. Ein Blick auf die Zahlen belegt diese Aussage. Die Liste zeigt die Filme seit 2005 – Start von Barefoot Films – bei denen Til Schweiger Regie geführt hat:

2005 (Barfuss): 1.512.386
2007 (Keinohrhasen): 6.297.816
2008 (1,5 Ritter): 1.775.811
2009 (Zweiohrküken): 4.255.103
2011 (Kokowääh): 4.317.017
2012 (Schutzengel): 712.230
2013 (Kokowääh 2): 2.749.295
2014 (Honig im Kopf): 7.274.964
2018 (Klassentreffen 1.0): 1.134.830
2018 (Head Full Of Honey): 7.000
2020 (Die Hochzeit): 655.470
2021 (Die Rettung der uns bekannten Welt): 73.867

Kinozuschauer/innen bei Til-Schweiger-Filmen

Inwiefern die Pandemie 2021 den Kinobesuch von Die Rettung der uns bekannten Welt (Kinostart am 11.11.2021) noch maßgeblich beeinträchtigt hat, kann hierbei nur reine Spekulation sein. Im gleichen Zeitraum generierten US-amerikanische Blockbuster ein Millionenpublikum und der am 28.10.2021 im Kino gestartete Contra von Sönke Wortmann erreichte 756.452 Kinozuschauer/innen. Doch bereits Schweigers Die Hochzeit zog im Januar 2020 – vor Ausbreitung der Pandemie – kein vergleichbares Publikum wie zuvor mehr in die Kinos. Die Zeit dieser Art von Film schien wohl endgültig vorbei zu sein. Bereits 2018 bzw. 2019 in Deutschland erzielte das Remake von Schweigers Honig im Kopf unfassbar katatrophale Zahlen und wurde nach wenigen Tagen aus vielen Kinos verbannt.

Die wenigen Kinozuschauer/innen von Die Rettung der uns bekannten Welt geben Anlass, einige Überlegungen anzustellen. Hat der Trailer das bisherige äußerst konservative Schweiger-Publikum verschreckt? Wurde zu viel Diversität gezeigt? Eine neue Schweiger-Welt!?

Der neue Film zeigt eine für Til Schweiger sehr untypische Welt. Diversität wohin man nur blickt. Die üblichen Witze auf Kosten von Minderheiten – wie bei vergangenen Schweiger-Filmen – gibt es hier nicht mehr. Gleichgeschlechtliche Beziehungen sind hier normal geworden und bedrohen nicht mehr die Männlichkeit bzw. die Familienbeziehungen. Wer das bisherige Gesamtwerk Schweigers über die Jahre aufmerksam verfolgt hat, traut mitunter seinen Augen kaum. Dieser Wandel kann beinahe surreal wirken.

Beide Welten

So ganz wird die alte Welt aber nicht abgelegt. Denn wieder inszeniert Schweiger hier seine Figur als finanziell wie auch sexuell potenten Mann. So geht es in diesem Film auch nicht allein um Paul als die alleinige Hauptfigur. Wie schon bei Honig im Kopf gibt es eine Parallelhandlung bei der Schweigers Figur in eine Liebesstory verstrickt ist. Der dreifache Familienvater sucht – nach einer Zeit von fünf Jahren als Witwer – endlich das neue Glück. Ob er sich von der alten Liebe bereits lösen darf, erzeugt bei ihm zunächst einen inneren Konflikt. In allen Szenen bei denen Schweiger weint, muss man als Zuschauender aber beinahe lachen – die schauspielerische Leistung von Schweiger ist leider zu limitiert. Viel besser macht es hier Sakraya! Auch wenn der Film das Thema um bipolare Störungen arg reduziert angeht, wirkt die Darstellung bei ihm sehr glaubhaft. Diese Szenen mit Zeigen der manischen Depression und der wechselnden Stimmungen können eine sehr emotionale Nähe zur Figur erzeugen. Auch vermag es Sakraya diese Energie und gleichzeitig die Depression gekonnt darzustellen.

Die Rettung der uns bekannten Welt (2021) – © Warner Bros

In der Szene am bayrischen See zeigt sich aber noch ganz die alte Schweiger-Welt. Die Farbgebung ist hierbei an bisherige Filme angelehnt (Sepia-Filter). Hochglanz wie aus dem Werbekatalog – dazu der entsprechende Picknickkorb aus Holz. Die Kinder in klassischer Aktion beim Angeln im Hintergrund. Vor einer solch idyllischen Kulisse lassen sich die schwierigen Phasen des Lebens doch etwas entspannter angehen. Auch das Wohnhaus der Familie ist erwartungsgemäß prachtvoll – eine Landhausvilla mit ausladender und hübsch dekorierter Terasse mit Überdach. Alle Drehorte sind nach US-amerikanischen Vorbildern gestaltet, um den Film auch international gut vermarkten zu können.

Schlussbetrachtungen

Auch in diesem Film wird das Krankheitsthema nicht ausreichend behandelt. Das Resultat ist eine Komplexitätsreduktion. Das Kinoplakat lässt es auch bereits vermuten, dass hier eine Liebesgeschichte erzählt wird. Die Zuschauer/innen sollen demnach nicht maximal verstört das Kino verlassen. Die Wohlfühlwelt zu Filmende wieder zu etablieren, bleibt demnach erstes Ziel. Doch Schweiger zeigt hier eine neue Welt der Diversität – mit alten Versatzstücken, aber neu! Hier gelingt kein Film, der beim Deutschen Filmpreis große Chancen hätte, doch zumindest ist es ein guter Film ohne eine diskriminierende Sprache wie sie in all den Filmen Schweigers bisher vorkam. Die Rettung der uns bekannten Welt kann durchaus als Schweigers bester Film – unter seiner Regie – eingeordnet werden. Doch leider hat ausgerechnet dieser Film die wenigsten Kinozuschauer/innen verzeichnet. Welche Konsequenzen Schweiger daraus zieht, bleibt spannend. Zugleich ist es interessant, inwieweit sich Schweiger eventuell in Zukunft auf die Rolle des Regisseurs und Produzenten begrenzt.

Filmplakat © Warner Bros

Abbildung: Eigene Darstellung

Daten von https://www.insidekino.de/DBO.htm

Filmrunde am Bahnhof Zoo

Neben der Filmrunde am Schlachtensee werden nun auch die räumlichen Dimensionen ausgeweitet. Hier sind vergleichbare Treffen und Diskussionen geplant. Der zentralere Ort kann dabei noch mehr Teilnehmer/innen hervorbringen. Die Filmrunde am Schlachtensee bleibt aber weiterhin bestehen. Beide Veranstaltungen können parallel existieren und sich gegenseitig befruchten.

Bei der ersten Filmrunde wäre der Film Wir Kinder vom Bahnhof Zoo (1981) eine vorstellbare Option. Erst am 7. April erschien auf DVD/Blu-ray eine Neuauflage. Es wäre aber auch ein aktueller Film denkbar.

Weitere Informationen folgen bald…

DVD/Blu-ray – Ausgaben (2012/2022)

Fotos Gedächtniskirche, 2022

von filmfragmente

Film „Wunderschön“ (2022)

Im neuen Episodenfilm von Karoline Herfurth – nunmehr ihre dritte Regiearbeit – geht es um die mediale Darstellung von Frauen, Konstruktion gesellschaftlicher Norm- und Idealbilder und wie Frauen im andauernden Selbstoptimierungswahn an den unrealistischen Bildern und Anforderungen zerbrechen können. Der Film scheint deshalb ein wertvoller Beitrag für unsere Gegenwart zu sein. Bereits zwei Monate nach dem Kinostart (03.02.2022) sahen den Film über 1,4 Millionen Zuschauer/innen. Richtet sich der Film demnach an ein breites Publikum und inszeniert eine Story und Figuren im Stile der Filme Til Schweigers?

Eindimensionalität

Die Figuren sind auch in diesem Film leider nur eindimensional gezeichnet. Das ist wohl auch erforderlich, um ein großes Publikum zu erreichen. Mehrdimensionale Figuren würden das Thema nur unnötig verkomplizieren. In über zwei Stunden wird hier eine Komplexitätsreduktion betrieben. Woran lässt sich diese aber erkennen? Dazu kann ein Blick auf den Inhalt des Film mehr Aufschluss geben:

„Fünf sehr unterschiedliche Frauen kehren dem ständigen Optimierungswahn den Rücken. Die zweifache Mutter Sonja hat Probleme mit ihrem Körper. Ihre Freundin Vicky glaubt nicht an die Gleichberechtigung. Das Model Julie hat Probleme mit den Anforderungen der Modebranche. Julies Mutter hat währenddessen Probleme mit ihrem Mann Wolfi, der sie nicht mehr begehrt. Außerdem träumt Leyla davon, so wie Julie auszusehen.“ (Text aus Google Knowledge Panel Wunderschön)

Alle diese Figuren sind miteinander familiär verbunden und bilden hierbei mehrere Generationen ab. Die gezeigten Paarbeziehungen haben dabei einen sehr stereotypen Anstrich erhalten. Der Film verliert sich in genau dieser klassischen Darstellung von Rollenbildern, die er doch eigentlich kritisieren will. Bei der Deutschen Film- und Medienbewertung (FBW) heißt es dazu:

„WUNDERSCHÖN ist, so die Jury, kein Film mit großer, politischer Aussage. Er eifert US-amerikanischen Vorbildern nach und verbleibt kurzweilig an der Oberfläche. Kritisch sieht die Jury die Länge des Films, die ihr mit 131 Minuten für das Tragen der Geschichte als etwas zu lang erscheint. Dazu bewegt sich der Film innerhalb eines heteronormativen Rollenbilds und auch Ethnizität findet in WUNDERSCHÖN etwas zu wenig Einzug. Nicht alle Geschichten können in gleicher Weise vollständig überzeugen, vor allem in Bezug auf die Vorhersehbarkeit des Plots und die klischierten Charaktere.“

Der Film bildet ausschließlich die Probleme von Frauen ab, die dem weißen gehobenen Mittelstand angehören. Hierbei wird das Thema Diversität zu keiner Zeit aufgegriffen (hierbei ist auch das Kinoplakat exemplarisch). Dementsprechend verbleibt der Film in einer Welt, die mit der sozialen Wirklichkeit vieler Menschen nur am Rande zu tun hat. Hier ist der Film wieder ganz im bewährten Schweiger-Modus – ein wichtiges Thema aufgreifen und möglichst leicht verdaulich behandeln. So will auch Wunderschön am Ende das Publikum mit einem Wohlfühlfaktor aus dem Kinosaal entlassen.

Die wunderschöne Villa

So reiht sich der Film bildästhetisch auch fließend in die Filmproduktionen Schweigers ein. Deshalb ist es wohl kein großer Spoiler, wenn der analytische Blick kurz auf die letzten Bilder des Films gerichtet wird. Hierbei zeigt der Film die genretypische Slow-Motion-Wohlfühl-Tanzszene mit allen Figuren des Films. Und genau mit dieser Werbespot-Ästhetik endet der Film und geleitet die Zuschauer/innen wieder hinaus in die Realwelt. Doch in Herfurths Filmwelt tanzen die Figuren strahlend im ausladenden Garten vor einer prachtvollen Villa im Nobelbezirk von Berlin. In dieser Welt kann es auch geschehen, dass Ehemann Wolfi gegen Filmende eine Wand in der Villa mit dem Hammer einreißt, um der sehnsuchtsvollen Ehegattin auf romatische Weise eine Tanzfläche herzaubern zu können. Verträumt tanzen beide nun und finden wieder zueinander.

Schlussbetrachtungen

Der Film behandelt ein sehr wichtiges Thema dieser Zeit – leider aber viel zu eindimensional. Die vermeintliche Botschaft des Films ist hierbei eigentlich nach wenigen Szenen auserzählt. Deshalb braucht es die zwei Stunden überhaupt nicht. Auch verpasst es der Film deutlich tiefer in die Problematik von medialen Bildern einzutauchen. Die Auswirkungen der Instagram-Welt zum Beispiel ist nur Thema am Rande.

Jede Szene wird zudem so derartig ausformuliert, dass sich der Film jeder Art der intensiveren Analyse eigentlich sofort entzieht und verhindert. Beispiel: In einer Szene befindet sich eine der Hauptfiguren an einer Bushaltestelle. In einem Schaukausten des Haltestellenhäuschens ist das Poster der Werbekampagne mit den schlanken Modells zu sehen – daneben sitzend die Hauptfigur. Die Kamera zeigt diese Bildeinstellung nun gefühlt minutenlang damit auch alle Zuschauer/innen den Zweck dieser Szene verstanden haben. Weiteres Beispiel: Eine der Figuren liest aus Kinderbüchern vor. Darin werden noch klassische Rollenmuster abgebildet. Die Figur bzw. Mutter betont sehr energisch wie bereits in solchen Kinderbüchern die Rollen etabliert werden. Doch auch hier wird den Zuschauenden genau erklärt wie die Zeichen einzuordnen sind. Hier bleibt aber gleichzeitig, die Frage zu stellen, weshalb nicht Kinderbücher gelesen werden, die mehr Diversität aufzeigen. Diese gibt es nunmehr in allen Verlagen. Das will der Film aber nicht zeigen. Diversität abzubilden, ist ja eben auch das Problem dieses Films. Diese Beispiele zeigen wie plakativ alle Szenen funktionieren.

Und letztendlich inszeniert der Film auch einen sehr eindimensionalen Blick auf die Männerwelt. Die wenigen männlichen Figuren des Films werden auch nur in einem sexualisierten Kontext dargestellt. Tanz- und Sportlehrer, beide Ehegatten, ein Clubbesucher sowie der junge Baseballspieler – auch wieder in Slow Motion filmisch als Figur eingeführt – werden auf das Aussehen und ihre Potenz reduziert. Das überwiegend weibliche Publikum dieser wohlfühligen Filme will schließlich diese schönen Körper sehen. Und genau dieses beständige Anschlagen der falschen Töne machen diesen Film eben nicht besonders wertvoll.

Filmposter

© Warner Bros

Film „Titane“ (2021)

Im letzten Blogbeitrag ging es um Honig im Kopf von Regisseur und Schauspieler Til Schweiger. Der folgende Text stellt allerdings diesmal „Metall im Kopf“ in den Fokus der Beobachtungen. Diese zufallsbedingte Abfolge der Blogtexte gewährt es deshalb, Til Schweiger und Titane-Regisseurin Julia Ducournau in einem Satz zu erwähnen. Dabei könnte die jeweilige Herangehensweise an das Medium Film wohl unterschiedlicher nicht sein.

Das Erstlingswerk Raw (2016) von Ducournau hat bereits vor fünf Jahren einen nachhaltigen Eindruck beim Publikum hinterlassen können. Der Film zeigt die Erstsemesterstudentin Justine, die schon bald eine Lust auf menschliches Fleisch erlangt. Der Kannibalismus ist Teil der Selbstfindung. Diese körperlichen Neuerfahrungen übertragen sich direkt auf die Zuschauenden, indem der eigene Körper auf diese teils abstoßenden Filmszenen mit Unbehagen ersichtbar reagiert. Die weibliche Hauptfigur ist demnach auf der Suche nach der eigenen Identität. Diese Narrative begegnet den Zuschauerinnen und Zuschauern in Titane wieder.

Raw 2

Der Film Raw – im Original Grave – wirkt mit seinen Motiven und Bildkompositionen wie die Vorgeschichte zu Titane bzw. kann der Film aus 2021 wie die konsequente Fortsetzung zu Raw eingeordnet werden. So ist die Identitätssuche auch hier wieder das zentrale Thema des Films.

Raw (2016)
Garance Marillier: Justine
Ella Rumpf: Alexia
Rabah Naït Oufella: Adrien
Joana Preiss: Mutter
Laurent Lucas: Vater
Titane (2021)
Agathe Rousselle: Alexia/Adrien
Vincent Lindon: Vincent
Laïs Salameh: Rayane
Garance Marillier: Justine
Adèle Guigue: Alexia als Kind

Auch die Namen der Haupt- und Nebenfiguren gleichen sich. Alexia, Adrien und Justine bilden den zentralen Punkt beider Filmerzählungen. In beiden Filmen spielt die Darstellerin Garance Marillier eine Figur namens Justine. Inwieweit die Identitäten der Figuren Alexia und Adrien im Film Raw in Titane sich zu der Figur Alexia/Adrien mittels körperlichen Prozess transformieren, wäre zu diskutieren. In Titane ist Alexia zugleich auch Adrien, weshalb hier wohl zweifelsfrei endgültig die Grenzen nach der Frage der Identitäten aufgebrochen werden. Beide Filme erst fügen den Gesamtblick auf die neue Hauptfigur als Ganzes zusammen. Oder nicht?

Identitäten

Titane zeigt hier doch vielmehr, dass es keine Gesamtheit der Identitäten geben kann. Die Suche nach der eigenen Identität scheint zumindest hier niemals abgeschlossen zu sein. Deshalb auch nicht, weil jeder Mensch viele Identitäten annehmen kann – und hier sogar menschliche und metallische Bestandteile im Körper verbindet.

Die sexuellen Neigungen werden hier auch neu definiert und zugleich aufgebrochen. Das Titan im Körper erzeugt bei der Hauptfigur sexuelles Verlangen nach Autos – was eine Schwangerschaft zur Folge hat. Menschen sind nicht mehr die erste Wahl bei ihr. Das Verhältnis des Kindes zum Vater ist gestört – wie bereits in der ersten Filmszene zu sehen. Er würdigt sie keines Blicks – die zumeist männlichen Zuschauer der Auto-Shows werfen ihr hingegen später gierige Blicke zu. Alexia ist beruflich hier als Tänzerin aktiv. Doch bereits die nächste Szene beweist, dass ihre erotische Tanzaktion auf den Autos keinesfalls nur berufliches, sondern auch sogleich privates Vergnügen sein könnte, wenn sie kurz darauf allein in einer Lagerhalle beim Sex mit einem Auto zu sehen sein wird.

Dieser Sex geschieht unmittelbar nachdem sie einen aufdringlichen Fan nach der Show kurzerhand ermordet hat. Alexia hat einige Morde bereits in der Vergangenheit begangen, weshalb sie von der Polizei gesucht wird. Daher nimmt sie eine neue Identität an und verkörpert die Rolle des vermissten Sohns eines Feuerwehrkommandanten. Zuvor wird der eigene Körper entsprechend mit Gewalt selbst angepasst, um optisch dem männlichen Bild zu entsprechen.

Die Beziehung von Sohn und Vater besteht aus Zuneigung und Abstoßung zugleich. Sie erhält Blicke von ihm, die ihr der genetische Vater noch im Auto verwehrt hat. Alexia versucht nun fortan, die Schwangerschaft zu verbergen. Als der Vater sie irgendwann nackt sieht, hält er trotzdem zu ihr. Erst als die Kollegen bei seiner Feuerwehrzentrale Adrien erotisch tanzen sehen im Stile von Alexia wird die Identität zu öffentlich und damit für ihn zu problematisch, weshalb er versucht Suizid zu begehen.

Die körperliche Beeinträchtigung der Schwangerschaft verhindert ein weiteres Morden bzw. Töten bei Adrien/Alexia. So kann erstmals eine zwischenmenschliche Beziehung zwischen ihr und einem Menschen entstehen. Zugleich ist diese Beziehung auch nur zweckgebunden. So führen die körperlichen Veränderungen der Schwangerschaft bei Alexia teilweise zu Angstzuständen. Sie will damit keineswegs allein sein. Der Vater erhält dagegen die Illusion, wieder einen Sohn zu haben.

Selbstfindung und Cancel-Culture

Doch inwieweit braucht es die Tötungen und Mordszenen in Raw und Titane zur Selbstfindung und bei der Suche nach Identitäten? Gibt es hier eine gesellschaftspolitische Analogie, die übertragen werden kann auf aktuelle Lebensrealitäten?

Die Figuren beider Filme suchen nicht zwingend einen Dialog bei ihren zwischenmenschlichen Beziehungen. Beide Filme haben generell nur wenige Dialoge. Das mehrfache Töten kann hier auf dem hindernisreichen Weg der Selbstfindung bei den beiden Figuren entschieden helfen. Das kann sicher als die pervertierteste Art eines Cancelns betrachtet werden.

Der Blick auf die aktuelle Diskussionskultur kann hierbei durchaus auch weitgehend den Eindruck vermitteln, dass Canceln ein Teil der Identitätsfindung darstellt. Zu vielen Themen kann heute auf Social Media die eigene Positionierung definiert und herausgestellt werden. Perspektiven anderer Diskussionsteilnehmer/innen werden teils vorschnell und auf viel zu radikale Art verurteilt. Es gibt sicherlich berechtigtes Canceln – das gab es immer bereits. Doch das Beteiligen an Shitstorms kann auch ein Weg bei der Suche nach der eigenen Identität sein. Beide Filme zeigen aber das dieser Weg letztendlich nicht zielführend ist.

Filmposter

© Koch Films

Film „Honig im Kopf“ (2014)

Im Jahr 2014 hat ein Film an den Kinokassen in Deutschland die meisten Ticketverkäufe generiert. Til Schweigers Komödie Honig im Kopf ist mit weitem Abstand der erfolgreichste Kinofilm des Jahres mit 7.274.964 Millionen Zuschauenden. Zugleich ist er damit auch einer der erfolgreichsten deutschen Filme überhaupt.

Doch wie sind die Filme Til Schweigers künstlerisch und qualitativ zu bewerten? Der Blick auf die Kategorie Bester Film (Deutscher Filmpreis) verrät, dass Schweigers Filmproduktionen (Barefoot Films) keine Berücksichtigung erhalten beim wichtigsten Filmkulturpreis in Deutschland. In den 1990er Jahren wurden Filme mit der schauspielerischen Mitwirkung Schweigers immerhin aber nominiert.

Wie soll demnach eine Beobachtung zum Gesamtwerk Schweigers ausfallen? Braucht es hier eine Filmanalyse oder Publikumsanalyse? Bei Kritikerinnen und Kritikern werden seine Filme stets herabgewürdigt. Berechtigt? Aus welcher filmtheoretischen Perspektive sollte man sich diesen Filmen dementsprechend annähern? Ein kurzer Abriss des filmischen Gesamtwerks kann dabei helfen, die aufgestellten Fragen anzugehen.

Phänomen Til Schweiger

Im Jahr 1991 startet Til Schweiger erstmals im Kino mit dem Kultfilm Manta, Manta sehr erfolgreich durch. Hier wird bereits ein Millionenpublikum (1.028.876) erreicht. Danach folgen noch erfolgreichere Filme in diesem Jahrzehnt. Der ertragreichste Film Schweigers in dieser Zeit und zugleich der meistbesuchte deutsche Kinofilm der 1990er ist Sönke Wortmanns Der bewegte Mann (1994) mit 6.609.349 Millionen Kinozuschauer/innen. Hier zeigt sich bereits früh, dass Schweiger die Menschen in den Kinosaal locken kann. Es folgen noch in den 90ern einige Kultfilme – darunter Action- und Roadmovies, die wieder ein Millionenpublikum hervorbringen können. Bereits die Filme dieser Zeit etablieren machohafte Figuren mit Darstellung von Dauerpotenz. In diesen limitierten Rollen kann Schweiger überzeugen. Auch beachtenswert: Ende der 90er führt Schweiger erstmals auch Regie (Der Eisbär – 1998) und versucht als Drehbuchautor hinter der Kamera auch zu überzeugen. Diese ersten Versuche sollen mit Gründung der eigenen Filmproduktionsfirma Barefoot Films im Jahr 2004 noch gesteigert und intensiviert werden.

Til Schweiger zog es dann von 1997-2004 in die USA. In deutschen Filmproduktionen war er weiterhin zu sehen, doch im Fokus war die Suche nach Erfolg in den USA. Aus dieser Zeit resultieren aber keine nennenswerten Filme mit größeren Hauptrollen oder Filme mit nachhaltiger Wirkung.

Ab 2004 galt die Konzentration wieder deutschen Filmen. Diesmal aber nicht einzig nur als Schauspieler. Ab 2005 produziert Schweiger mit seiner Filmproduktionsgesellschaft Barefoot Films Kinofilme im Jahresrhythmus. Dabei ist Schweiger vor und hinter der Kamera aktiv. Diese Filme aus den letzten 15 Jahren haben sich gegenwärtig wohl mehr in das Gedächtnis eingebrannt als noch die frühen Kultfilme der 90er Jahre.

Die Filme ab 2005 setzen dabei einige Motive aus den 90ern konsequent fort und steigern diese zu einer wertekonservativen „Schweiger-Welt“. So zeigen die Filme klassische wie veraltete Rollenbilder in zwischenmenschlichen Beziehungen von Frau und Mann. Schweiger ist der allseits potente Macher und Problemlöser. Das Filmgenre wird gewechselt und zeigt weniger Action, sondern Romantic Comedy mit Happy End im Stil amerikanischer Vorbilder. Dabei ist das Filmgenre Road Movie ein wiederholtes Motiv der Filme. Räumlich sind die Filme zumeist in der Großstadt in ausladenden Wohnverhältnissen des gehobenen Mittelstandes angeordnet. Die Figuren in der Schweiger-Welt haben wenig Sorgen und leben zumeist im Überfluss – was die Kamera in beeindruckenden Bildern eindringlich dokumentiert. Diese Werbespot-Ästhetik der Filme kann als Störung empfunden werden, doch sie sind gleichzeitig Ausdruck von handwerklicher Facharbeit. Die Schweiger-Filme sehen gut aus – das ist keine Frage. Sie sehen aber auch alle gleich aus. Die Handlungsorte und Figuren sind austauschbar. Was die Filme zudem auszeichnet, ist die Besetzung der Figuren. So wird jede noch so kleine Rolle mit hochkarätigen Schauspieler/innen besetzt. Die Figuren in den Filmen bleiben jedoch eindimensional, weshalb die schauspielerischen Potentiale nie auf allen Ebenen ganz entfaltet werden. Eine Mehrdimensionalität gibt es in den Filmen nicht oder gar moralisch ambivalente Figuren. Jede Figur ist eindeutig definiert in gut oder böse.

Die Barefoot Filme ab 2005 funktionieren auch wie in den 90ern an der Kinokasse. So dominiert Schweiger die Kinowelt in Deutschland seit über drei Jahrzehnten wie auch der Blick auf die erfolgreichsten deutschen Filme seit 1990 belegt:

https://www.insidekino.de/DJahr/DAlltimeDeutsch90.htm

Der Film Honig im Kopf von 2014 reiht sich demnach in diese schweigerischen Filmproduktionen ein. Die gleichen Motive werden bearbeitet. Doch im Vergleich wird hier diesmal ein gesellschaftlich ernsteres Thema verhandelt als nur die üblichen Liebeskonflikte von Großstadtbeziehungen abzuhandeln. Oder doch nicht? Ist das ernste Thema nur ein Vorwand – ein Blender – um die allseits bekannte Schweiger-Welt erneut zu demonstrieren?

Hochglanz im Kopf

Der Film steigt ein bei der Beerdigung der Ehefrau von Hauptfigur Amandus (Dieter Hallervorden). Bei seiner Rede ist der geistige Verfall sichtbar und der erste Verdacht, zunehmend unter Alzheimer zu leiden, bestätigt sich bald. Der Sohn Niko (Til Schweiger) holt ihn zu sich nach Hause. Seine Tochter Tilda (Emma Schweiger) baut dabei eine innige und herzliche Beziehung zu ihrem Opa auf. Nikos Ehefrau Sarah (Jeanette Hain) betrachtet die neue Wohnsituation als kritisch.

Wie in allen bisherigen Schweiger-Filmen werden die Figuren in gut und böse eingeteilt. Damit wird zugleich aufgezeigt, wie verschieden die Figuren auf einen Menschen zugehen und die Krankheit bewerten. Die Tochter zeigt hierbei das Idealbild des Verhaltens, indem sie ihrem Opa Zeit und Aufmerksamkeit schenkt.

Die räumlichen Verhältnisse sind dabei erdenkbar vorteilhaft, indem die Familie eine pompöse Landhausvilla bewohnt samt malerischer Scheune auf riesigem Grundstück. In Sonnenlicht getränkte Felder, weitläufige Graslandschaften und später auch idyllische Bergformationen und Flüsse – mit Helikopter und Drone aufgenommen – strahlen eine wohlige Atmosphäre aus. Visuell reiht sich dieser Film in Schweigers bisherige Filmproduktionen demnach fließend ein. Die Hochglanzbilder sowie die rasante Montage ebendieser Bilder funktionieren dabei als Blender und lassen das Skript bzw. Drehbuch mit eindimensionalen Figuren in den Hintergrund treten. So wird der Film nie langweilig, da effektvolle Bildaufnahmen nahezu im Sekundentakt zu sehen sind. So wirkt der Film äußerst dynamisch und mitreißend, obwohl die Handlung es eigentlich gar nicht ist.

In diesem Hochglanz fällt es dementsprechend auch etwas leichter, mit der beginnenden Krankheit umzugehen. In einer nicht so optimalen Umgebung mit Wohnraumknappheit und tristen Alltagsgeschehen oder generell in einem finanziell weniger priviligierten Gebilde kämen die tatsächlichen Problemlagen innerhalb einer Familie im Umgang mit der Krankheit zum Vorschein. Doch Schweigers Film will diese Realitäten nicht zeigen.

Krankheit als Metapher

Das Happy End ist stets im Fokus. Doch wie soll ein schweres Thema in einem Schweiger-Film verhandelt werden? Hierbei fällt die Antwort leicht aus. Einige Themen werden schlichtweg ausgeblendet. So zeigt der Film auch nur die Zeit zu Beginn der Krankheit mit einem mildem Verlauf – nicht aber den realen, sehr drastischen Alltag im fortgeschrittenem Stadium der Krankheit mit denen Familien auf vielen Ebenen konfrontiert werden.

Der Film will das Kinopublikum demnach nur sehr dosiert mit einem schwierigen Thema „belasten“ und streift dieses im Grunde nur am Rande. Vielmehr geht es wieder einmal um das Aufzeigen der Potenz einer von Schweiger dargestellten Figur. Oder spielt er sich in seinen Filmen selbst? So erzählt der Film in einer Parallelhandlung von der Wiederbelebung der Beziehung des Ehepaars. Dabei steht zunächst ein Konflikt im Raum, denn nach einer Affäre mit ihrem Chef, scheint die Ehe von Sarah und Niko etwas brüchig zu sein. Nachdem sich die Tochter mit ihrem Opa nach Venedig kurzerhand aufmacht, findet das Ehepaar mehr und mehr wieder zueinander. Beide machen sich dann schließlich auch nach Venedig auf.

Die Krankheit ist somit nur ein narratives Sprungbrett, um wiederholt die übliche Story eines Films von Schweiger zu zeigen. Somit geht es im Film demnach auch nicht darum, die soziale Wirklichkeit von Familien in diesem Kontext abzubilden. Vielmehr geht es darum, die Krankheit – wie in vielen Filmen der Kinogeschichte allgemein – für dramaturgische Zwecke zu missbrauchen. Hierbei ist Venedig die ideale Kulisse, um die Ehe zu retten bzw. um sich im sehr edlen Hotelzimmer entsprechend nach der bewährten Methode Schweigers zu versöhnen.

Triebe im Kopf

Dass sich Tochter und Opa in Venedig aufhalten, ist auch nur ein Verdacht der Eltern. Die Sorge müsste eigentlich groß sein, wenn sich beide seit Tagen allein durchschlagen. Doch bereits die erste Nacht wird dazu genutzt, um Schweigers Potenz wiederholt zu dokumentieren. Die zufällig im gleichen Hotel im Nebenzimmer einquartierte Tochter sowie der Opa hören dann auch minutenlanges Stöhnen aus dem Nebenraum. Aus dieser ersten gemeinsamen Nacht des Ehepaares seit langer Zeit resultiert auch direkt ein Baby. Bei Schweiger ist eben jeder Schuss ein Treffer – egal wie bedrohlich oder misslich die Umstände sind.

Am nächsten Tag treffen sich alle zufällig bei einer Sitzbank am Wasser in der Stadt und erleben gemeinsam einen schönen Restaurantbesuch mit Blick auf die Kanäle Venedigs. Die Kamera fängt diese Szenerie traumhaft ein. Die Bilder könnten ästhetisch direkt aus einem aktuellen James Bond-Film sein.

Doch nach Venedig ist bald der narrative Zweck des Opas erfüllt. Die letzte Lebensphase zeigt der Film kaum mehr. Das Ehepaar ist wieder vereint. Noch bevor es nach Venedig ging, beschloss Sarah nicht mehr zu arbeiten, um sich der Familie zu widmen. Der Film entwirft aus einer feministischen Perspektive hier somit auch ein fragwürdiges Bild. Ein neues Leben ist aber entstanden. Das Baby wird geboren. Der Opa zeitgleich gestorben. Der Film begann und endet mit einer Beerdigung.

Schlussbetrachtungen

Honig im Kopf funktioniert also wieder nach den üblichen Motiven Schweigers. Doch bei diesem Film ist das metaphorische Denken viel ausgeprägter als in den sonstigen Produktionen. Die Krankheit ist hier nur der Auftakt für eine Story. Das Thema wird sehr unzureichend nähergebracht und prallt auf ein filmisches Schweiger-Narrativ bei dem ein Habby End im Fokus stehen muss.

Die Figur des Opas Amandus bleibt eindimensional und beschränkt sich auf einige platzierte Lacher und Kommentare. Eine mehrdimensionale Figur ergäbe sich, wenn der Film sich getraut hätte, ihn auch im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit zu zeigen. Alle weiteren Figuren bleiben auch eindimensional. Oder macht das Ehepaar denn tatsächlich eine größere Entwicklung durch? Alles wirkt hier eher so als wenn das Ehepaar nur eine kurze Sexpause eingelegt hat. Die Affäre bedroht auch nicht die Ehe, sondern nur kurzfristig die Männlichkeit der von Schweiger dargestellten Figur.

Der Film reiht sich deshalb in genrespezifische Konventionen (Romantic Comedy) ein bei denen das Kinopublikum mit Happy End in den Abend entlassen wird. Der Humor wirkt teils etwas überzogen und deplatziert. Das schwierige Thema soll damit eben leicht werden.

Aus strukturalistischer Perspektive gibt es visuell einige hochwertige Bilder zu beobachten. Til Schweiger bleibt sich visuell demnach treu und zeigt den Hochglanz. Zumindest aus erzählerischer Sicht traut der Film sich aber etwas, indem er auf das klassische 3-Akt-Schemata gänzlich verzichtet. So dauert es über 70 Minuten bis der Film schweigertypisch wieder on the road ist und die Figuren nach Venedig aufbrechen. Hierbei verpasst es der Film aber zugleich in diesem langen Vorlauf mehr über die Krankheit Alzheimer zu zeigen.

Aus historiographischer Sicht reiht sich der Film in gängige literarische bzw. filmische Traditionen ein, indem unter anderem das Ende in Venedig stattfindet. Das ist wieder ein Belege für den narrativen Stil, Krankheit als Metapher aufzuzeigen.

Eine soziologische Perspektive auf den Film kann eigentlich nur in maßloser Kritik enden. Hier wird eben nicht versucht, ein gesellschaftliches Abbild im Umgang mit der Krankheit Alzheimer vielschichtig darzustellen. Die Schweiger-Filme gestalten ja gerade ihre ganz eigene Welt – die Schweiger-Welt – und stellen nur wenig Bezug zu gesellschaftlichen Kontexten her. Vielleicht funktionieren die Filme auch deshalb so gut an der Kinokasse.

Aus biographischer, psychoanalytischer und feministischer Sicht wäre der Film noch gesondert zu analysieren. Motive wie die Darstellung von Potenz und Männlichkeit werden in allen Schweiger-Filmen abgebildet. Neue Diversitätsregeln bei Filmförderung und Streamingportalen könnten die flache und eindimensionale Schweiger-Welt neu bewegen. Demnach könnte sich auch das Kinopublikum neu bewegen, dass sich immer noch millionenfach Schweigers Filme ansieht.

Filmplakat

© Warner Bros

Filme kaufen

Ergänzend zum letzten Beitrag Filme verschenken soll es nun um die Frage gehen, wo heute Filme überhaupt noch gekauft werden können. Dabei soll es weniger um die Online-Welten gehen bei denen eine große Anzahl von unterschiedlichsten Plattformen regelrecht täglich zu einem Filmkauf verführen. Rund um die Uhr, an jedem Wochentag kann beinahe grenzenlos der Warenkorb mit DVDs und Blu-rays allseitig bestückt werden. Egal ob Neu- oder Gebrauchtware – alles ist möglich.

In diesem Beitrag soll das Offline-Kaufen von Filmmedien im Fokus stehen. Das kann am Beispiel der Stadt Berlin sehr gut dargestellt werden. Die vorliegenden Beobachtungen ergeben sich aus jahrelangen Erfahrungen und sind rein subjektiv. Doch können diese wohl auch für weitere Großstädte in Deutschland angewendet werden.

Vergangenheit

Zunächst ein Blick auf die Situation vor einigen Jahren. Hierbei werden nur Kaufoptionen aufgelistet, die es heute nicht mehr gibt. Was hat sich beim Filmekaufen in der Stadt Berlin verändert? Wie haben sich die Preise entwickelt? Inwiefern gab es mehr Auswahl, Filme kaufen zu können?

Videotheken

Bis etwa Mitte der 2010er gab es „an jeder Ecke“ die Option, Filme in Videotheken zu kaufen. Das Weihnachtsgeld konnte demnach auch bereits am 1. und 2. Feiertag direkt in Filme investiert werden. So manche Einzelhandelsgeschäfte wie Media Markt, Saturn gefiel das entsprechend nicht so ganz. In Videotheken konnte also überall und bis tief in die Nacht hinein Filme geliehen und eben auch gekauft werden – am Samstag, Sonntag und Feiertag. Die Videotheken waren auch wichtiger Teil der Filmverwertung. So gab es viele Filme bereits Wochen und Monate vor dem offiziellen Verkaufsstart zu leihen. Einige Videotheken haben sich hierbei allerdings nicht an die Regeln gehalten und haben Filme lange vor dem offiziellen Verkaufsstart zu niedrigen Preisen verkauft – als Neu- oder Gebrauchtware. Videotheken haben zudem im Vergleich zum normalen Einzelhandel wie Media Markt etc. ungeschnittene Fassungen und Importe angeboten. Videotheken haben also das filmische Stadtbild zu einer gewissen Zeit maßgebend geprägt – vielleicht sogar dominiert.

Warenhaus

Das klassische Warenhaus (KaDeWe, Wertheim, Karstadt) hat in den besten Zeiten bis etwa Mitte der 2000er ein breites Angebot an Filmmedien aufweisen können. Über Prospekte im Briefkasten wurde man über die Wochenangebote informiert. Hier gab es Neuware zu guten Preisen. Seit weit über 10 Jahren hat aber keines der Warenhäuser mehr eine solche Medienabteilung. Das Sortiment wurde entfernt.

Gegenwart

Neben den Videotheken – die heute unter anderem wegen Streamingdiensten bekanntlich nicht mehr existieren und spätestens im Jahr 2020 endgültig pandemiebedingt verschwunden sind – und den Warenhäusern haben einige Kaufoptionen noch bis in die Gegenwart überlebt.

Elektronikmarkt

Die klassischen Einzelhandelsunternehmen wie Media Markt und Saturn haben neben ihren Onlineshops auch bis heute Verkaufsfilialen in der Stadt. Die Preise haben sich hier nicht verändert. Neben den aktuellen Neuerscheinungen gibt es die üblichen Wochenangebote auf den Tischen für um die 4-5 Euro (DVD/Blu-ray). Limitierte Mediabooks von einer geringen Auflage sind hier allerdings Mangelware, da sie Online bereits ausverkaft sind. Die Auswahl varriert sehr drastisch von Markt zu Markt – auch die Preise. Einige Märkte wirken trist und wenig einladend, andere haben dagegen eine ausgezeichnete Sortierung. Neben Buchhandlungen sind Media Markt und Saturn im Grunde die letzten Kaufoptionen in der Stadt bei denen Neuware angeboten wird.

Buchhandlungen

Das Filmangebot bei Einzelhandelsgeschäften wie Thalia etc. kann nur wenig überzeugen. Zumeist gibt es hier Literaturverfilmungen und Kinderfilme – nur auf DVD. Die Markteinführung der Blu-ray im Jahr 2006 (!) scheint hier keine Relevanz zu haben.

Dussmann

Hier muss gesondert Dussmann in der Friedrichstraße genannt werden. Dieses Ladengeschäft ist mehr als nur eine Buchhandlung und hat über mehrere Etagen unter anderem auch eine für das Medium Film reserviert. Hier gibt teilweise noch mehr spezifischere Kategorien als bei Media Markt und Saturn. Auch Importe (BFI, Criterion Collection etc.) sind hier erhältlich. In Filmbüchern kann stundenlang reingelesen werden. Die Preise sind ok, auch wenn hier keine Wochenangebote wie bei den anderen Märkten vorzufinden sind.

Buchcafé/Antiquariat

Bei diesen Kaufoptionen wird zumeist keine Neuware angeboten. Seit einigen Jahren haben sich Kaffeehäuser mit Buch- und Filmverkauf etabliert. Die Medien können dabei als Spende abgegeben werden. Die Preise für eine DVD oder Blu-ray sind zumeist auf 2 Euro festgesetzt. So kann hier eine seltene DVD-Auflage für wenige Euro gekauft werden, die auf Online-Portalen sehr viel mehr kosten würde. In Antiquariaten sind die Preise deutlich höher angesetzt. Doch auch hier lassen sich wertvolle Ausgaben finden, da die Preise ja nicht jeden Monat neu angepasst werden.

Oxfam/Medienpoint

In Berlin haben sich seit etwa 5 Jahren einige soziale Läden etabliert, die ausschließlich oder auch nur teilweise Buch- und Filmmedien anbieten. Auch hier werden abgegebene Spenden verkauft. Die Preise varrieren bei den einzelnen Filialen. So kostet in einem Laden jede DVD 1 Euro bzw. jede Blu-ray 2 Euro, in anderen Läden werden die Preise seperat an die üblichen Online-Preise angepasst und eine DVD kann um die 20 Euro kosten. In Filialen wie Medienpoint können Medien kostenlos mitgenommen werden bzw. freiwillig gegen eine Geldspende nach eigener Wahl.

Flohmarkt

Auch im Zeitalter diverser Kaufoptionen in Online-Welten erfreuen diese Märkte sehr viele Menschen in allen Teilen Berlins. Am Samstag und vor allem am Sonntag gibt es diverse Orte in der Stadt bei denen Filme als Gebrauchtware zu finden sind. DVDs und Blu-rays werden zumeist für 1-2 Euro angeboten.

An- und Verkauf

Die große Zeit der An- und Verkaufläden mit dem Angebot Videospiele und Filme ist mehr und mehr vorbei. In den letzten Jahren haben viele dieser Ladengeschäfte geschlossen. Hierbei ist der Grund ersichtlich: Viele Menschen kaufen oder leihen heute digital Filme und Videospiele. Die Streamingdienste wie Netflix oder Game Pass haben dazu geführt, dass weniger Medien auf Disk gekauft werden. So gibt es dementsprechend auch keine Ware, die zu diesen Läden hingebracht werden könnte.

Bücherboxen

Hier geht es nicht um das Kaufen von Filmmedien, doch in den alten Telefonzellen finden sich teilweise auch DVDs wieder. Zu jeder Tageszeit gibt es hier die Option, einen Film ergattern zu können.

Zukunft

Bevor es an den Ausblick geht, erstmal noch ein Blick auf die Gegenwart. Man kann sagen, dass es wohl nie einfacher und zugleich auch schöner war, an Filme zu gelangen. Es macht großen Spaß in der Stadt, nach Filmen Ausschau zu halten. Es gibt nicht mehr an jeder Ecke Videotheken, doch es gibt neue Läden. Diskmedien werden vielerorts aussortiert und gespendet. Teilweise stehen in der Nachbarschaft täglich Kisten mit Büchern und Filmen vor Wohnhäusern mit der Aufschrift „zu verschenken“ – Danke. Filme kosten gebraucht nur 1-2 Euro. Bei Online-Leihpreisen von 2,99 – 3,99 Euro ein guter Deal. Dazu kommen noch die Online-Portale mit Gebrauchtware und die Streamingdienste. Es war nie so einfach, Filme zu sichten bzw. das Gesamtwerk von Regisseurinnen und Regisseuren oder Schauspieler/innen anzueignen. Die methodische Filmsichtung ist heute somit unglaublich einfach und zugänglicher geworden. In den 90ern und 2000ern war das in dieser Art nicht möglich. Deshalb auch nicht, weil ein Medium wie DVD noch relevant war und nicht von vielen Menschen aus der Wohnung verbannt wurde. Und VHS in den 2000ern zu kaufen, war eigentlich keine Option. DVDs können dagegen problemlos in aktuellen Blu-ray-Playern gelegt werden.

Inwieweit Diskmedien denn überhaupt noch relevant sind in der Zukunft kann abschließend nicht gesagt werden. Die breite Masse wie im letzten Blogeintrag geschrieben, hat bereits die Blu-ray nicht mehr gekauft. 4K-Blu-rays sind demnach auch nur relevant für unersättliche Filmliebhaber/innen. Eventuell wird es keine Neuware mehr auf Disk zu kaufen geben. Gebrauchtware ist hingegen auch weiterhin zu haben.

Filme verschenken

Um die Weihnachtszeit herum, an Geburtstagen oder einfach nur als freundliche Geste zwischendurch, Filme zu verschenken kann Beziehungen vertiefen und bereichern. Familie, Bekannte und Freunde erhalten dabei nicht bloß einen Film, sondern die im Film gezeigten Themen können verbinden und neue Diskussionen eröffnen.

Doch wie soll man heute noch einen Film am besten verschenken? In Zeiten einer sehr großen Akzeptanz von Streamingdiensten ist längst nicht mehr klar, wer überhaupt noch ein Abspielgerät für DVD/Blu-ray im Haushalt zu stehen hat. Wer einen Film auf Disk verschenken will, kann sogar teils verärgerte Reaktionen und Kommentare riskieren, da die Beschenkten längst alle Diskmedien und Player erfolgreich aus dem Haus verbannt haben. Filme auf Disk sind von gestern, heißt es schnell. Es braucht demnach ein Wissen, ob ein Player denn überhaupt noch vorhanden ist. Und eine Nachfrage dahingehend soll die Überraschung nicht verderben. Das klassische Buch im papierbasierten Format hat hingegen den großen Vorteil, ohne weitere Abspielgeräte nutzbar zu sein.

In Deutschland ist die technische Ausstattung mit Playern außerdem beim DVD-Standard leider stehengeblieben und das Medium einer nächsten Technikgeneration – Blu-ray – wurde von der großen Masse kaum mehr beachtet (Abbildung 1). DVD-Verkäufe entwickelten sich ab 2011 drastisch nach unten und wurden zugleich aber nicht von Blu-ray-Verkäufen aufgefangen. So kauft sich eine nahezu unverändliche Nutzergruppe von Filmliebhaber/innen ihre Blu-rays ohne dabei solche Werte (2006-2011) wie die DVD zu besten Zeiten zu generieren. Viele DVD-Käufer/innen sind direkt zu Streamingdiensten gewechselt. Blu-ray oder gar 4K-Ultra-HD-Blu-ray sowie die entsprechenden Player wird es kaum mehr weitschichtig in Haushalten geben. Deshalb bleibt hier beim Verschenken beinahe nur der Kauf einer DVD, um das Abspielen des Films halbwegs zu garantieren.

Abbildung 1 – Bundesverband Audiovisuelle Medien e. V.

Doch Filme können auch digital verschenkt werden. Hier braucht es aber einen Account der jeweiligen Plattform. Ein Code wird dann als Nachricht versendet und kann genutzt werden. Dabei gibt es allerdings unterschiedliche Angebote und Nutzungsrechte diverser Portale. Inwieweit der Film auch am großen Bildschirm über Medien wie USB-Sticks wiedergegeben werden kann oder Cloud-Streaming, Apps etc. zwingend erforderlich sind, varriiert je nach Anbieter. Oder einen Film auf DVD/Blu-ray kaufen, auf USB kopieren und beides verschenken?

Aber auch bei einer digitalen Methode bei Online-Portalen bleibt problematisch, dass längst nicht alle Filme Online verfügbar sind. Der Film als Geschenk soll ja auch gerade auf unbekannte, unbeachtete oder sonstwie wertvolle Filme aufmerksam machen. Und vielleicht kann sogar eine Filmbibliothek entstehen bei der zeitbasierte Digitallizenzen keine Relevanz haben und dauerhaft auf die Filme zugegriffen werden kann. Die Filmkultur wäre somit vielfältiger und deutlich nachhaltiger.

Bundesverband Audiovisuelle Medien e. V.

https://www.bvv-medien.org/marktdaten/der-deutsche-videomarkt/

https://de.wikipedia.org/wiki/Blu-ray_Disc

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